Kettenschuhlauf in der Mittagspause

Als die Menschen noch Jäger und Sammler waren, liefen Sie mehr als 20km am Tag. Alles barfuß. Später wurden Sandalen erfunden, dann Hufeisen, und viel später gedämpfte Laufschuhe. Was tut der Läufer heute, wenn er Angst vor spitzen Steinen hat, aber dennoch keine Laufschuhe tragen will? Ein Hufeisen für Menschen wäre schön.

Vermittelt von Constantin, durfte ich heute die GoST Kettenschuhe ausprobieren. Novembersonne, Mittagspause – raus geht’s.

Das Anziehen der Schuhe ist etwas hakelig, aber wenn sie erstmal sitzen, rutscht, schabt oder kratzt nichts mehr. Bequem!

Nun geht es an das Testen unterschiedlicher Bodenbeschaffenheiten. Und darum, die Angst vor spitzen Steinen erst einmal zu verdrängen.

Raus aus der Haustür, Pflastersteine. Interessantes Geräusch beim Auftreten – weder das übliche Laufschuh-Patsch noch etwa Kettenrasseln, sodern eher wie barfuß auf Sand. Der Unterschied zum Strandlauf ist allerdings, daß die Füße schnell kalt werden. Dem kann nur durch entschlossenen Trab entgegengewirkt werden, also los – Wiese.

Wiese ist toll. Schnell sind die Füße warm, ich stelle mich automatisch auf Vorfuß um und bin gefühlt recht schnell unterwegs. Kinder auf dem Heimweg von der Schule staunen mich an, als wenn ich komplett im Kettenhemd laufen würde.

Aber jetzt kommt der Wald. Dicke Laubschicht auf dem Waldweg – was mag darunter verborgen sein? Egal, die Ketten werden mich schon schützen. Was sie auch tun – trotzdem spürt man querlaufende Wurzeln natürlich sehr viel unmittelbarer als in gedämpften Laufschuhen. Aber jetzt wird die Kieseldichte auf dem Pfad größer. Ob ich es bis zur Kiesgrube schaffe? Nein – um den Laufschritt auf Kies aufrechtzuerhalten, brauche ich wohl doch noch etwas mehr Abhärtung.

Also zurück über den Waldweg und die Wiese. Auch ein Asphaltstück zwischendurch geht wunderbar. Die Füße sind jetzt warm, und es kratzt oder rutscht immer noch nichts.

Wieder zuhause, lassen sich die Schuhe ganz leicht ausziehen. Allerdings sehen die Füße aus, als wenn ich durch Schlamm gelaufen bin :-). Merke: Das nächste Mal einen feuchten Lappen im Hausflur deponieren.

Nachdem Füße und Schuhe gesäubert sind, spüre ich ein angenehmes, gut durchblutetes Prickeln an den Fußsohlen. Keine Verletzungen oder roten Stellen.

Zusammenfassung: Für Asphalt, Wiese und Waldwege ohne viel Kiesel eignen sich die GoST’s auch als Laufschuhe. Ergänzend zu dicksohligeren, kieselabdämpfenden Exemplaren, um der Fußmuskulatur und der Sohle mal etwas Abwechslung zu bieten!

Wien Marathon 2010

Der Winter war lang, aber jetzt ist Frühling. Schon beim letzten langen Trainingslauf durch den Münchner Westen mit R. und H. Konnten wir die Kohlenhydratspeicher bei H. Im Garten auffüllen. R. Will dieses Jahr den Jungfrau-Marathon angehen, H. mit mir zusammen in Wien seine Marathonpremiere erleben. Nun ist Samstag, und ich beneide beim Schlendern durch den Prater (nur nicht zuviel Laufen!) meine Tochter mit ihrer Zuckerwatte. Lecker Langos hier, ein paar Bier im Biergarten dort – lieber nicht, denn am Tag vor dem Marathon gilt es, kulinarische Experimente zu vermeiden. So kaufen wir auf dem Heimweg beim Billa Brot, Nudeln, Pesto und sage und schreibe ein Viertelliterfläschchen Zweigelt für die Nudelparty am Abend gemeinsam mit unserem mitgereisten Nachbarn J., der auch seinen ersten Marathon laufen wird.

Nach drei Tellern Nudeln und einem Schnapsglas Zweigelt für jeden schlafe ich gut und mache mich am nächsten Morgen auf zum Startplatz. Wir hatten uns am Wiener Oracle Büroturm verabredet. H. und sein Schützling M. (erster Halbmarathon), J. und ich.

Nach aufmunternden Worten, Marschtabellenabgleich und ein paar Heldenfotos begeben wir uns in unsere Startblöcke. Das Starterfeld kommt schnell in Gang, im Nu bin ich auf der Reichsbrücke. Zum Glück ist es nicht so warm wie am Samstag, ideales Laufwetter. Noch macht mir die Steigung der Brücke nichts aus, es geht wieder abwärts zum Praterstern und in den Prater hinein. Viel Grün taktisch günstig verteilt, um das viele Wasser vom Morgen diskret loszuwerden. Nach dem langen Wintertraining ohne Tempoeinheiten hatte ich mir einen gemütlichen 6er Schnitt mit Puls unter 150 vorgenommen, den ich die ersten Kilometer auch grob einhalte. Zwischen neun und zehn Uhr scheint der Wiener auch lieber noch zu frühstücken, so daß kein Zuschauer die Ruhe stört.

Ab Kilometer 10, am Ring, ist mehr los. Hier ist Sightseeing pur angesagt – am noch geschlossenen Naschmarkt geht aus raus zum Schloß Schönbrunn. Hier werden die ersten Staffelläufer abgeklatscht – das erzeugt großes Hallo und dient als Erklärung, warum ich auf den nächsten Kilometern auf einmal so viel überholt werde. Hinter Schönbrunn, dem höchsten Punkt des Laufs, geht es zurück zum Ring. Am Heldenplatz biegen die Halbmarathonläufer ins Ziel ab, ich allerdings muß noch eine Runde. Inzwischen habe ich H. wieder getroffen (J. ist auf 3:59 Kurs längst entschwunden) und wir machen Fotos von uns auf dem Ring.

An Kilometer 26 wird es langsam etwas öde – Donaustraße, keine Musik, keine Zuschauer – doch dann steht da meine Familie und feuert mich an. Genau der richtige Zeitpunkt! Trotzdem werde ich ab Kilometer 30 langsamer und muß H. ziehen lassen. Es geht wieder in den Prater, am Stadion vorbei die Hauptallee entlang. Ab Kilometer 32 tönt mir laute Musik entgegen, „Pirates of the Carribean“, und begleitet mich bis Kilometer 36. Die Musik geht durch und durch und gibt mir – zusammen mit dem nun wirkenden bei Kilometer 30 reingedrückten ersten Gel, einen gewaltigen Schub. Runner’s High? Ich kann mir vorstellen, warum iPods beim New York Marathon als Doping gelten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kommt mit J. entgegen, genau auf 3:59 Plan und ebenfalls bester Laune. Bitte, laß die Musik bis ins Ziel weitergehen!

Leider werden meine Bitten nicht erhört – auf der Schüttelstraße bei Kilometer 38 ist es wieder totenstill und ich habe keine Lust mehr. Einen 6er Kilometerschnitt laufe ich schon lange nicht mehr, jetzt ist nur noch Ankommen angesagt. Das zweite Gel wird verdaut ohne Schub zu erzeugen. Wann kommt endlich wieder der Ring? Da ist er – Endspurt! Jetzt endlich sind die Wiener an der Strecke, Jubel links, Jubel rechts, die Gasse wird enger, da ist schon der Heldenplatz – das Ziel! Filmend laufe ich ins Ziel – 4 Stunden 22 Minuten.

Nach einigen Schwierigkeiten mit sturen Security-Leuten, den Verpflegungsbeutel zu bekommen (nach Marathons verhandle ich ungern, besonders wenn es um Essen und Trinken geht), treffe ich im Zielbereich auch H. und M. wieder. Beide haben ihr Ziel (Marathon bzw. Halbmarathon) ebenfalls geschafft, Glückwunsch. An den Kleiderwagen treffen wir J., der 3:58 gelaufen ist – bei seiner Premiere!

Gemeinsam plündern wir unsere Verpflegungsbeutel, dann gehe ich zur Ferienwohnung zurück. Frisch geduscht treffen wir uns alle mit einem Wiener Kollegen und seiner Tochter beim Cafe Landtmann zu Eis, Kaffee, Bier, Würstel und allem, was man nach einem solchen Lauf so braucht.

Nach dem langen Winterttraining ohne Tempoeinheiten hatte ich mir einen gemütlichen 6er Schnitt mit Puls unter 150 vorgenommen, den ich die ersten Kilometer auch grob einhalte.

Meine Marathons

Ein Bild sagt mehr als tausend Laufberichte:

Marathonauswertung

  • Essen: Mein erster Marathon, Mai 2005, 4:16h. Vorsichtig angefangen, kontinuierlich schneller geworden. Im Ziel hatte ich fast das Rekordtempo meines sub-4h Laufs in München
  • München I: Oktober 2005, 4:24h. Deutlich forscher gestartet, ab km 22 heftig eingebrochen
  • Regensburg: Mai 2006, 4:00:09. Der erste Angriff auf die 4h Marke. Bis km 30 lief das auch sehr gut, danach dann weniger
  • München II: Oktober 2006, 3:57h. sub-4h geschafft. Grund: Sehr konstantes Lauftempo
  • Hamburg: April 2007, 4:20h. Kontinuierlich langsamer geworden. Endspurt am Ende.
  • New York: November 2009, 4:15h. Man erkennt die 450 Höhenmeter am unregelmäßigen Tempo. Jede längere Steigung führt auf ein neues, etwas langsameres Geschwindigkeitsplateau.

Interessant, diese nackten Zahlen mit den in den Laufberichten weiter unten festgehaltenen subjektiven Eindrücken zu vergleichen!

New York City Marathon 2009

Wenn man zum 40. Geburtstag von der der ganzen Familie einen Gutschein für New York bekommt: Was liegt näher, als mit 42 Jahren (und leider noch nicht ganz 195 Tagen…) den 40. New York Marathon anzugehen? Doch genug der Zahlenspiele, denn am 1.11.2009 war es soweit.

<Vorwettkampfgejammer>
Sechs Wochen vor dem Marathon nach 18km super Speed beim Tegernseelauf Schmerzen im Oberschenkel hinten – das, was auf Englisch so appetitlich „hamstring“ genannt wird. Also auf Ruhe schalten, nur noch die langen, langsamen Läufe am Wochenende und zwei kurze langsame dazwischen. Entspannend, wirkungsvoll (der hamstring bleibt ruhig) und eine gute Vorbereitung auf das New Yorker Tempo: Nur so schnell, daß man keine Kinderhand zum High-Five verfehlt.

Zwei Wochen vor dem Marathon umzingeln mich dann die Erkältungen: Kinder, Frau, Kollegen, alle schniefen und husten um die Wette. Also wenn schon, dann bitte jetzt gleich (damit’s nach einer Woche wieder vorbei ist) oder nie. Dank Massen von Vitamin C, zwei Paar Socken und dicken Pullovern blieb’s beim „Nie“. Was eine gesunde Einbildung für gesundheitsfördernde Wirkungen haben kann!
</Vorwettkampfgejammer>

Donnerstag abend: Müde, aber gesund in New York. Im Flugzeug, im Hotel, auf den Straßen wimmelt es von Leuten mit Laufschuhen an den Füßen. Am kernigsten sehen die Italiener aus, am sportlichsten die Franzosen, am normalsten die Deutschen und am lustigsten die Holländer. Diese vier Gruppen machen auch zusammen schon fast 30% des Starterfeldes aus. Auch mein Ziel ist eher normal und nicht kernig, eher gesund als sportlich: Den ganzen Lauf genießen, Zeit für High Fives haben, jeden „Rrrooolf“ Cheerleader zurückanlächeln, Fotos und Filme machen – und in die New York Times kommen. Aufgrund der Rekordteilnehmerzahl dieses Mal stellt sich dieses als etwas anspruchsvoller als gedacht heraus: Das Gerücht geht um, man müsse unter 4:30h statt 5:00h laufen, um noch mit auf die Seiten zu passen. Also nehme ich mir die Marschtabelle vor, die Herbert Steffny bei der Hafenrundfahrt am Freitag abend empfiehlt: 10 Minuten pro Meile, einfach zu rechnen, ergibt 4:22h. Am Freitag morgen hatte er uns schon anschaulich über die letzten zwei hügeligen Meilen des Central Park bis ins Ziel geschickt. Diese vergehen am Sonntag dann auch wie im Flug, die Steigung vor dem Abzweig in den Central Park war das Problem. Aber ich greife vor.

Vor den Marathon haben die Veranstalter am Samstag den „International Friendship Run“ vom UNO Gebäude bis neben das Marathonziel gesetzt. Ein großer Spaß in den wildesten Verkleidungen vier Kilometer durch die Wolkenkratzerschluchten von Manhattan.

Danach warten noch zwei große Herausforderungen auf den ungeduldigen und technikverliebten Läufer: Erstens am Samstag nicht mehr durch ganz Manhattan zu rennen um sich die Stadt anzuschauen und zweitens in der Nacht die diversen mitgebrachten und im Hotel vorgefundenen High-Tech Wecker so einzustellen, daß sie auch nach der in der Nacht erfolgten Umstellung auf Winterzeit zum richtigen Zeitpunkt wecken! Die Busse sollen um 5:45 Uhr fahren. Also stelle ich Handy und Hotelwecker schon mal am Abend manuell um und sicherheitshalber auf 4:00 Uhr, die Pulsuhr auf 5:00 Uhr. Mit der Folge, daß alle drei Störenfriede am Sonntag morgen zur gleichen Zeit losgehen! Ein schneller Blick in das TV-Lokalprogramm zeigt 5:00 Uhr Winterzeit, also alles in Ordnung. Ich begreife zwar nicht, warum um 4:00 nichts geklingelt hat, aber ich soll ja heute auch nicht denken, sondern laufen.

Gegen 6:30 Uhr fährt der Bus über die Verrazano Narrows Brücke nach Staten Island, also die ersten zwei Meilen in umgekehrter Richtung. Ist das hoch! Und ist das Panorama atemberaubend! Die Vorfreude wird noch verstärkt durch den leichten Nieselregen. Ich liebe Nieselregen beim Laufen. Alle meine Bestzeiten bin ich bei Nieselregen gelaufen. Aber halt: Heute will ich ja Spaß mit den Zuschauern haben, keine Rekorde laufen. Also verspreche ich dem Wettergott beim Start eine etwas aus der Mode gekommene aber ansonsten wirklich wunderschöne Winterjacke zu opfern. Das wirkt. Kein Regentropfen mehr – sogar bis zum Ende der Reise!

Die Zeit von 6:45 bis 10:00 Uhr gilt es jetzt zu warten, warm zu bleiben, Bagel und Powerbars zu essen und Wasser zu trinken, dessen Name poetisch mit „Frühling in Polen“ oder eher unsentimental mit „Polenquelle“ übersetzt werden kann. Damit man soviel Frühling nicht mit auf die herbstliche Laufstrecke mitnehmen muß, sind auf dem Gelände riesige Mengen an Dixi-Klos verteilt. Die erste Laufveranstaltung, die ich ohne Schlangen vor diesen Häuschen erlebe!

Um 9:10 Uhr wird die erste Startgruppe in ihre „Corrals“ gerufen. Für „to corral“ gibt es leider keine poetische sondern nur die unsentimentale Form der Übersetzung: „einsperren“. Daß das für alle anderen „ausperren“ bedeutet, sollten wir gleich erleben. Denn als wir (die 10:00 Uhr Welle) uns nach Aufforderung um 9:30 Uhr auf den Weg zu unseren Corrals machen, ist der Engpaß zu den vorderen fünf „Ställen“ so groß, daß wir es nicht rechtzeitig schaffen. So stehen wir kurz vor 10 Uhr neben unserem (halb leeren) Startbereich und die Tore sind zu. Kurz vor dem Startschuß rücken die Startbereiche auf, und wir sind ausgesperrt! Erste Verzweifelte beginnen über die Absperrung zu klettern und werden von den Corralwärtern unter Androhung der Höchststrafe (Startnummer abreißen) zurückgeschickt. Das Adrenalin kocht hoch, die Masse beginnt lautstark zu murren. Mit dem Ergebnis, daß berittene Polizei in die Corrals einrückt, um uns draußen zu halten. In welchem Film bin ich hier? Wir hören den Startschuß und Frank Sinatra von ferne singen und erwarten schon, von der jetzt anrückenden dritten Startwelle am Corralzaun totgedrückt zu werden, da öffnet ein Menschenfreund doch noch das Tor und wir laufen der zweiten Startgruppe hinterher. Da ist die Startmatte, da ist die riesige Brücke, es geht los. Ohne Böller und Frankie, aber was soll’s: Wir laufen!

Die ersten zwei Meilen auf der Brücke sind etwas unwirklich. Wie in Trance laufe ich, weiche weggeworfenen ihre Schuldigkeit getan habenden hochmodischen 70er-Jahre Trainingsanzügen aus, mache erste Fotos und versuche ansonsten zu vermeiden, daß mir der Wind die flatternde Startnummer und Glücksbringerkappe wegreißt. Aber in Brooklyn wird dann alles anders. Menschenmassen links und rechts, Anfeuerung, Anlächeln, High-Five, jede Meile eine andere Band – die ersten Meilen vergehen wie im Flug.

Mit jeder Meile kommen mehr Menschen dazu, sogar in Williamsburg klatschen einige der sonst eher zurückhaltenden orthodoxen Juden. Kurz vor der Pulaski-Brücke, welche die Halbmarathonmarke markiert, blinkt eine große Leuchtschrift „Slow down, sharp left turn“. Slow down? Ich schaue auf die Uhr: 10 Minuten pro Meile? Ich bin bei etwa 9:30, also auf 4:10h Tempo. Aber bis jetzt habe ich Spaß und genieße jeden Meter.

Alle Laufberichte von New York sagen voraus, daß die Müdigkeit auf der Queensboro Brücke nach Manhattan kommt, bei Meile 15. Und sie haben recht. Keine Cheerleader, nur Läufer, von denen viele schon gehen. In Manhattan angekommen, auf der First Avenue gibt es zwar wieder viele Jubler, aber die sind „bestellt“. Daran zu erkennen, daß sie nur „ihren“ Läufer suchen und ansonsten still sind, jedenfalls nicht einen Unbekannten mit „Rrrooolf“ anfeuern würden. So wie häufig in Deutschland. Einzige Ausnahme: Die ganz in Oranje gekleideten Holländer. Meine bestelle Jublerin sollte bei Meile 17 stehen. Ich sehe sie nicht, sie mich schon und macht ein wenig schmeichelhaftes Foto von mir: Tunnelblick, starr geradeaus. Hm.

Immerhin gibt es bei Meile 17 außer Gatorade (lieber nicht) und Wasser (jede Meile ein halber Becher) etwas „zu essen“: Gelpakete. Ich schnappe mir drei und beschließe diese zusammen mit den mitgebrachten Gels in einer „Zwei Meilen Strategie“ zu verputzen. Zwei Gels und vier Meilen später läufen wir in die Bronx ein, zu die deutsche Nationalhymne intonierenden Dudelsackpfeifern, und mir geht es viel besser. Ein paar Haken schlagen in der Bronx, und zurück geht es nach Manhattan.

Diese Meilenzählung hat einen psychologischen Vorteil. Es gibt nur gut 26 davon zu laufen. Und wir sind schon bei Meile 22. Jetzt sind – wie schon in der Bronx – auch wieder die Cheerleader da, die jeden persönlich nach vorne schreien. Ein Adrenalinstoß alle 20 Meter. Das gibt es nur hier! Allerdings brauche ich diese Adrenalinstöße jetzt auch, denn der lange Anstieg neben dem Nordteil des Central Parks bis zum Engineers Gate, wo wir in den Park einbiegen sollen, beginnt. Eine lange Strecke. Und ein Anstieg. Und lang. Und es geht berghoch. Ächz. Endlich biegen wir ab. Es geht bergab, Meile 24 ist bald geschafft. Hier geht es mir wunderbar und das zweite Zusammentreffen mit der bestellten Jublerin läuft schon viel entspannter ab.

Zeit für ein breites Lächeln und das Abholen einen letzten Motivationsschubes. Ab jetzt kenne ich ja die Strecke vom Testlauf am Freitag. Ein paar Kurven, raus aus dem Park, ein Anstieg der sich nicht so anfühlt, wieder zurück in den Park, noch 400 Meter, noch 200 Meter, im Ziel.

Geschafft, stolz glücklich: 4:15:36 Platz 20451. Schade, schon vorbei.

Danke, New York!

Haarathon 2009

 

Großer SchenkenanzieherSchon wieder ein Halbmarathon, eine Woche nach dem Tegernseelauf, wo ab km18 der große Schenkelanzieher rechts zwickte? Keine Experimente mehr vor New York!

Andererseits standen heute 3h „sehr ruhig“ auf dem Programm, da könnte man doch auch zum Test des Schenkelanziehers beim eh angemeldeten Haarathon mitlaufen? Bei welchem Trainingslauf gibt es schon Anfeuerung, Getränke zwischendurch und was zu Essen im Ziel?

Also los, der Fahrplan war mit 6:20 Kilometerzeiten ganz in Ruhe anzugehen, auf den Schenkelanzieher zu horchen und ansonsten den Tag bei wunderschönen Wetter zu genießen. Die Strecke ist zusammengesetzt aus meinen Trainingsstrecken, also kannte ich fast jeden Stein. Start in Haar, erster Kilometer 6:15, zweiter Kilometer 6:05, so geht es weiter. Puls 139, sehr ruhig halt. Ich lächle und grüße jeden Streckenposten, und die Kilometer gehen schnell vorbei. Das ist das Tempo für New York! Guter Laune und mit klarem Kopf die Stadt genießen!

Als sich bei km16 mein Schenkelanzieher immer noch nicht meldet, werde ich vorsichtig schneller. Mal sehen was geht. Sogar beim Schlußspurt zieht der Anzieher mit – 2:04h. Große Beruhigung breitet sich aus, denn ein paar 3h Läufe im 6:15 Tempo stehen ja noch aus vor dem nächsten großen Genußlauf in am 1. November!

 

Tegernseelauf 2009

Einer der schönsten Läufe im Münchner Umland ist der Tegernseelauf, den die Eiszeit mit einem Umfang von haargenau 21.1km hinterlassen hat. Vor fünf Jahren bin ich die Strecke schon einmal gelaufen und erinnerte mich an giftige Steigungen zum Schluß.

Fünf Jahre später – und die Organisation ist um ein vielfaches professioneller geworden. Startnummer = BOB Ticket, Startbereich direkt vor dem Bahnhof statt auf einer Wiese neben dem See. Alle(!) Straßen um den See abgesperrt. So waren die Höhenmeter im bei km17 auch nicht mehr so giftig sondern straßenmäßig lang und laugend.

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Start um 10:45, los geht’s. Erste zwei Kilometer in 5:30, hoppla das ist ja genausoschnell wie damals als ich mit Durchnschnittspuls 173 ins Ziel kam. Aber die anderen Wahnsinnigen vom „Sun Runners“ Team (wir haben die Shirts vom Firmenlauf noch einmal stolz getragen) laufen vorweg. Und da der Puls dieses Mal bei ca. 155 bleibt, laufe ich so weiter.

St. Quirin, Tegernsee, Rottach-Egern, Bad Wiessee, Angst vor der ersten Steigung. Zum Glück entschärft durch Straßenstrecke, trotzdem – oben passiert’s: Mein rechter Oberschenkel, etwas beleidigt seit dem Tempotraining letzten Dienstag, schmerzt auf einmal ganz gewaltig. Und noch drei Kilometer. Erst mal gehen, dehnen, langsam weiter. So komme ich mit 1:57 ins Ziel.

Nach einem großen Teller Nudeln, Brezn, Bier und endlosen Siegerehrungen mit Blasmusik wagen wir uns noch in den Tegernsee, bevor wir die BOB heimwärts entern.

Ein schöner Tag!

Stadtlauf München 2009

Ich liebe Nieselregen. Meine persönliche Bestzeit beim Halbmarathon (Forstenried 2006): Nieselregen. Meine Premiere und seitdem unerreichte 10km Bestzeit (Regattastrecke Unterschleißheim): Nieselregen. Die letzten drei Jahre Stadtlauf: Warm, zu warm, bis zu 30°C. Was zu einer 2:13 Zeit letztes Jahr führte. Ab Aumeister war die Luft raus…

Aber was sehe ich gestern morgen früh um 6 Uhr: Wolken, nassen Asphalt, Nieselregenvorfreude! Schnell gefrühstückt, Kaffee, leichter gemacht, oranges Shirt angezogen und aufs Fahrrad gen Marienplatz.

Dann um 7:30 mit den Kollegen in der Sendlinger Straße getroffen. Einer nimmt sich 1:30 vor, ein anderer 1:45 mit gleichzeitigem Live-Twittern und Videofilmen. Soviel geballter Ehrgeiz färbt ab: In Regensburg (bei 30°C…) habe ich dieses Jahr 2:03 geschafft, ob ich mir wohl sub-2h vornehmen kann?

Stadtlauf 2009

Erster Kilometer 6:30, zweiter ebenfalls (allerdings mit Ausflug in die Büsche), ab da wird es besser. Der Puls bleibt unter 160. Schafherde bei km9, immer noch gut. Aumeister bei km13, immer noch gut. Der die letzten Jahre elend lange Rücklauf vom Aumeister vergeht wie im Fluge, die Gemeinheit der Fastumrundung des Kleinhesseloher Sees ebenfalls. Die km-Schilder sind mal wieder erratisch platziert, meine gemittelten km-Zeiten zum Glück nicht: 5:40 konstant, mit Endspurt muß das reichen.

Das tat es dann auch: 1:58 – so schnell war ich seit 2006 nicht mehr!

Apfelschorle, Müsliriegel, Banane, Bier und zurück zum Treffpunkt. Siegerbilder machen, die 10km Läufer begrüßen und die übermütige Entscheidung treffen, den 10km Lauf auch mitzulaufen.

Die ersten 5km vergehen wie im Fluge, aber dann wird es hart. Die Fastumrundung des Kleinhesseloher Sees wird gewohnt endlos – und war die Theatinerstraße beim HM auch so lang? Wie auch immer, nach 1:03 gibt es wieder Apfelschorle, Müsliriegel, Banane und Bier – und einen sehr zufriedenen Stadtläufer.

Stadtlauf München 2007

Nach der Hitzeschlacht letztes Jahr haben die Veranstalter nun die Reihenfolge umgedreht. Die Halbmarathonis laufen ganz früh um 8 Uhr, der 10km Lauf wird dann um 11 Uhr gestartet. Somit können alle spätestens 12:30 im Biergarten sein 🙂

Es ist schon ein faszinierender Anblick, wenn man Sonntags früh um Sieben auf dem Fahrrad nach München hineinfährt und aus allen Ecken Frühaufsteher mit dem charakteristischen orangen Stadtlauf-Shirt gen Rindermarkt streben sieht.

Es ist früh, es ist nicht zu warm, der Veranstalter hat kurz vor dem Start spezielle Männerpissoirs aufgestellt (Vierfacher Durchsatz auf gleicher Grundfläche – der Ingenieur in mir jubelt mit meiner Blase im Takt) – optimale Bedingungen also. Wären da nicht die 5000 Läufer vor mir, da ich mich verquatscht und spät zur engen Startaufstellung kommend unter die „2:15 bis 2:45“ mischen mußte. Nun gut, vielleicht bremst mich das am Anfang auf ein vernünftiges Tempo, daß ich nicht gegen Ende so einbreche wie letztes Jahr.

Es geht dann auch gemütlich los, die ersten 3km in 18:40 – hmmm etwas langsam für sub2 – km4 dann in 23:10. Da war wohl ein Schild kreativ platziert. km5 bei 28:00, km10 bei 55:00. So schnell bin ich nicht. Aber jetzt werden die Kilometer länger, obwohl ich subjektiv nicht langsamer laufe. Vielleicht brauch ich ja doch so einen sauteuren GPS-Pulsmesser…

Ein kurzer Anstieg an einer Brücke über den mittleren Ring, dann eine endlose Runde über den Kleinhesseloher See. Kilometer (oder 1100m?) Zeiten von 5:30 bis 6:00. Sub2 könnte noch was werden.

Die vorletzten zwei Kilometer dann bis zum Hofgarten sind hart, aber wenigstens sieht man dieses Jahr im Unterschied zum Vorjahr keine Sanitäter umgekippte Läufer versorgen. Die Temperaturen sind halt immer noch angenehm.

Feldherrnhalle, letzte 500m, Endspurt: 1:59. Na also, geht doch noch, obwohl es der erste Lauf in der M40-Klasse war 🙂

Nach einer Stunde ausschnaufen, Erdinger alkoholfrei trinken und um Bananen und Brezeln kämpfen haben wir uns dann den Start des 10km Laufs angeschaut. Wahnsinn in welchem Tempo die Spitzenläufer losrennen. Und noch mehr Wahnsinn, daß sie nach 32 Minuten im gleichen Tempo wieder zurück kommen.
Genauso beeindruckend aber auch der Anblick, wie an die 10.000 Läuferinnen und Läufer im orangen Shirt in dichtem Pulk an einem vorbeilaufen.

Hamburg Marathon 2007

Wie macht man mit dem Marathonlaufen weiter, wenn man sein Ziel erreicht hat? Letztes Jahr in München hatte ich ja die 4h-Marke unterschritten, schneller kann und will ich mit meinem Trainigszeitbudget nicht mehr werden. Also was motiviert mich 2007, früh am Morgen ein warmes Bett gegen Training einzutauschen? Schöne Strecken und frühes Anmelden 🙂

So sollte es Hamburg werden. Weil ich die Stadt mag und auch mal wieder die Stimmung mit fast einer Million Zuschauern wie beim ersten Marathon in Essen erleben wollte.

Heuschnupfen. Und das schon im April! Das erste Mal merke ich, wie meine Trainigszeiten schlechter werden und ich einfach nicht mehr über einen bestimmten Puls drüberkomme. Sauerstoffaufnahmefähigkeit reduziert. Hustenreiz nach dem Laufen. Also mal langsam angehen lassen…

In Hamburg wird früh aufgestanden. Um 9 Uhr soll gestartet werden. Um 8 Uhr am Start ist es noch schlotterkalt und windig. Gut daß die Marathonmesse direkt neben dem Start schon auf hat – da können so Weicheier wie ich sich ins Innere flüchten.

Am Start stehe ich in Startblock G (unter 4h, ohauerha), am Gorch-Fock-Wall, leicht angesteigend. Genau hier wird auch der 42. Kilometer entlangführen. Das könnte bitter werden. Um 9:05 wird gestartet und zwei Minuten später bin ich über der Matte. Ich laufe ob der eingeschränkten Leistungsfähigkeit 6-Minuten Kilometer und werde ständig überholt. Das wird bis ca. km30 auch so bleiben. Hamburg scheint das Mekka der 4h-Läufer zu sein!

Dabei lohnt es sich so, links und rechts zu gucken! Trotz der frühen Morgenstunde stehen schon die ersten Zuschauer an der Reeperbahn und feuern an. An der Elbchaussee hat man einen wunderbaren Blick auf den Hafen, zu dem wir nach 10km hinunterlaufen. Ab Landungsbrücken stehen die Leute dicht an dicht. Ich fühle mich wohl und bekomme Hunger.

Zum Glück gibt es jetzt alle fünf Kilometer Bananen. Diese erfreuen sich reger Nachfrage – man sieht von den Händen abgewischte Bananenspuren fast an jeder schwarzen Läuferhose, die mich überholt.

Bei Kilometer 15 laufen wir mit La Ola Wellen durch den Tunnel vor dem Hauptbahnhof, dann umrunden wir die Innenalster und die halbe Außenalster – meine Laufstrecke, immer wenn ich
beruflich in Hamburg zu tun habe. Die Außenalster ist voller Segel. Es muß also ein paar vereinzelte Hamburger geben, die nicht an der Strecke stehen.

Halbmarathonzeit ist 2:05, also genau im Plan. Aber jetzt wird das Laufen zäher. Der touristische Aspekt der Strecke tritt etwas in den Hintergrund, dafür passieren wir jetzt ein Stadtteilfest nach dem anderen. Ich könnte meine Wasser und Bananen-Diät mit Sekt, Grillwürstchen, Bier, Schokolade und vielem mehr aufbessern, beschränke mich aber dann doch lieber darauf, alle mir entgegengestreckten Kinderhände abzuklatschen und den „Rolf Du schaffst das“ (glaube ich auch) oder „Rolf Du siehst guht aus“ (gleube ich zunehmend
weniger) Rufen breit entgegenzulächeln. Sehr gute Idee, die Vornamen mit auf die Startnummer zu drucken!

Kilometer 30 kommt, und ich bin müde. Wie geschickt, daß gerade hier (1) der vom Start am
weitesten entfernte Punkt ist und (2) die Ohlsdorfer die größte Sause veranstalten, durch
die ich jemals durchgelaufen bin. Volksfeststimmung und ein enger Korridor, durch den man durchläuft als wäre man Lance Amstrong auf dem Weg nach Alpe d’Huez. Das gibt wieder Kraft. Ich könnte heulen vor Glück dabeizusein – für solche Momente laufe ich Marathon.

„Jetzt geht es nur noch geradeaus“ – sagt ein Mitläufer. Glücklicherweise wird die lange Gerade jedoch am Klosterstern durch ein weiteres Volksfest unterbrochen. Die Eppendorfer versuchen Ohlsdorf noch zu übertrumpfen. Das Ergebnis ist genug Adrenalin für die letzten fünf Kilometer.

Bei Kilometer 40 wird die Bananen- und Wasser-Diät überraschenderweise durch Red Bull ergänzt. Ich denke an den Anstieg kurz vor Schluß und genehmige mir einen Becher. Dazu noch ein letzte Anfeuerungsschrei meiner Frau und meiner Freunde vor dem Bahnhof Dammtor, und ich kann mein inzwischen etwas abgesacktes Tempo noch einmal anziehen. Ich fliege buchstäblich den Gorch-Fock-Wall hinauf. Jetzt kann ich schon das Ziel sehen. Der Sprecher nennt jeden Läufer mit Namen, es gibt eine Ehrentribüne mit Sitzplätzen(!) auf den letzten Metern – aber vor allem: Ich bin im Ziel.

Fazit: Super Wetter, super Stimmung, schöne Strecke. Zeit: 4:20, Puls die ganze Zeit im GA-II Bereich. Ein echter Genußlauf.

München Marathon 2006

3:57. Unter 4h. Und es hat Spaß gemacht 🙂

Bei meinem 4. Marathon wollte ich (nach 4:00:09 in Regensburg) endlich die 4h-Marke knacken und wählte einen 3:45 Trainigsplan. An diesen hielt ich mich auch stoisch, bis ich nach dem Achenseelauf vor fünf Wochen Probleme mit einer gereizten Achillessehne bekam. Also Wochenumfänge runter auf einen Lauf in der Mitte der Woche und die langen Läufe am Wochenende. Sehr lange Taperingphase sozusagen.
Eine Woche vorher umzingelten mich dann die Bakterien: Die Frau braucht drei Pakete Taschentücher am Tag, die Kinder husten um die Wette. Bloß nicht anstecken, nach dem Lauf kann mein Immunsystem immer noch die weiße Fahne hissen!

Beste Voraussetzungen also für einen gelungenen Lauf. Ich war so damit beschäftigt, in mir nach Erkältungsanzeichen zu forschen, daß die ganze Aufregung vergessen war und ich die Nächte vor dem Lauf wie ein Murmeltier geschlafen habe. Nun, vielleicht waren es auch die vielen Nudeln am Abend.

Die Wettervorhersage hatte 5-16°C bei klarem Himmel vorausgesagt. Optimal. Ich stand kurz hinter dem 3:45 Zugläufer und hatte so vom Start weg gleich eine Gruppe in ungefähr meinem Tempo, ohne viel „hindernislaufen“ zu müssen.

Ab halt, 3:59 sollte doch mein Ziel sein. Bei km3 widerholte ein Moderator immer wieder gebetsmühlenhaft „Ihr seid zu schnell, die ersten 5km merkt Ihr bei km35, usw“. Der Mann muß Läufer sein, denn das war genau die richtige Ansprache. Auf dem Rückweg kamen wir bei km40.5 wieder dort vorbei und hörten die dann ebenfalls genau passenden Durchhalteparolen.
Aber zurück zu den ersten Kilometern. Erfolgreich gebremst, lief ich diese mit konstant 5:35. Durch Schwabing, Leopoldstraße, Siegestor, Marienplatz – Sightseeing pur. Wenn bloß mehr Menschen schon so früh auf den Beinen gewesen wären. Aber die haben wahrscheinlich das letzte schöne Wochenende für eine Bergtour genutzt.

Bei km19 lief ich in Berg am Laim fast bei mir vor der Haustür vorbei. Frau und Kinder umarmt (jetzt können mir deren Bakterien auch nichts mehr anhaben) und weiter gehts. Letztes Jahr kam kurze Zeit später im (zugegeben) läuferisch eher langweiligen Münchner Osten mein Einbruch. Dieses Jahr lief ich konstant meine 5:35 weiter und fühlte mich gut. Ich begann zu überholen, seltsamerweise auch die ersten mit „Deutsche Meisterschaft“-Startnummern.

Es wurde nun langsam wärmer, aber die Verpflegung war vorbildlich organisiert. Alle 2.5km Wasser, alle 5km Wasser, Banane und Energieriegel. Ich nahm immer von allem, erst Wasser im Gehen, Banane in die linke, Riegel in die rechte Hand und laufend kleine Portionen abbeißen. Das hat super funktioniert, Durst und Hunger kamen – anders als im letzten Jahr – nicht auf.

km 28, Eingang englischer Garten. Bis km35 kamen die Kilometerschilder meist eher(!) als erwartet, erst danach wurde es langsam anstrengender. Aber jetzt liefen wir schon über die Leopoldstraße wieder nach Schwabing ein. Zuschauer, viele Zuschauer, die einem zujubeln. Das tut gut zum Schluß. Die bayerische Blaskapelle bei km39 gönnte sich ein Päuschen, aber dafür gab’s kurz danach nochmal lecker Banane und Riegel.

Schon ging es auf die letzten Meter, durch das Marathontor mit Trockeneis ins Stadion. Noch 300m. Ah, ein Fotograf. Lächeln…und drei Schritte später legt es mich der Länge nach auf die Tartanbahn. Ein Aufschrei geht durchs Stadion, aber ich rappele mich wieder hoch, sammle mein herausgefallenes Brillenglas ein und laufe durchs Ziel. Erst hinter dem Ziel schaut mir ein Sanitäter ins Gesicht und sagt die Worte, die man nie von einem Sanitäter hören will: „Oh-oh“, und ab geht’s auf der Bahre ins Zelt. Ich bekomme meine Medaille in die Hand gedrückt und einen Brillenbügel wieder aus der Wange operiert. Glück gehabt, das nächste Mal laufe ich mit Weichgummi-Sportbrille. Ein blaues Auge und eine Medaille – wie habe ich auf mindestens fünf selbstgemalten Schildern gelesen? Der Schmerz vergeht, der Ruhm bleibt.

Nun, Schmerzen habe ich heute keine mehr. Keine steifen Beine, kein Ziehen in der Achillessehne, keine Erkältung, dem Auge und der Wange geht’s (bis auf die Farbe) gut. Dafür mein Ziel geschafft: 3:57:13, alle Kilometer zwischen 5.35 und 5:38, und viel Spaß gemacht hat’s auch!